Was du wissen solltest bevor du diesen Wunsch erfüllst.

Hilfe, mein Kind will Reiten lernen

Kinder verbinden verschiedene Vorstellungen, Träume und Erwartungen mit Pferden und dem Reiten. Leider entspricht nicht Alles was in Kinderbüchern & Fernsehsendungen über Pferde berichtet wird der Realität. Mit echter Freundschaft hat der Umgang in den meisten Reitschulbetrieben leider sehr wenig zu tun. Pferde waren kulturell gesehen immer Nutztiere und das sind sie immer noch. Früher wurden sie hauptsächlich zur Fortbewegung und zur Arbeit am Feld oder im Krieg genutzt. Heute werden sie benutzt um unsere Wünsche zu erfüllen oder Geld zu verdienen, sei es im Sport oder in der Freizeit. Ein wirkliches Mitspracherecht oder gar Selbstbestimmung was mit ihnen und ihrem Körper passiert haben die wenigsten Pferde. Sie müssen funktionieren, wenn wir das einfordern. Die meisten Trainingsmethoden für Pferde sind geprägt von physischer und psychischer Gewalt.  Dieser Zustand wird als normal angesehen und sehr selten in Frage gestellt.

Die erste Frage die Du dir als Elternteil also stellen solltest ist, ob du mit diesen Gegebenheiten einverstanden bist oder nicht. Es kommt wie so oft im Leben darauf an was Du willst und was Dein Kind will.

Ich habe Kinder erlebt, die mir unter Tränen erzählen, dass sie in einem anderen Reitstall die Pferde mit Gerten schlagen mussten um sich durchzusetzen. Und ich kenne Kinder die mir stolz erzählen, dass sie in einem anderen Reitstall schon mit Gerte reiten dürfen. Beides macht mich sehr traurig.

„Es ist unwürdig und kränkend, wenn man auf Kommando gehorchen soll, wo man doch nur zu gern kooperieren will.“ – sagt Mathias Voelchert über Kindererziehung. Ich finde, das trifft auf den Umgang mit Pferden genauso zu.

Für mich fühlt es sich nicht richtig an ein anderes Lebewesen auf diese Art und Weise zu benutzen. Daher habe ich vor einigen Jahren einen anderen Weg eingeschlagen. Ich habe vieles ausprobiert, bin den Dingen auf den Grund gegangen, habe mich mit Kolleginnen ausgetauscht, mit den Pferden Rücksprache gehalten und daraus ein Konzept entwickelt, dass Pferde und Kinder gleichermaßen zum Strahlen bringt. Eine Begegnung auf Augenhöhe die nicht „auf dem Rücken der Pferde“ ausgetragen wird.

Wenn Dein Kind zu mir kommt werde ich mein Bestes tun, ihm das nötige Wissen zu vermitteln damit es eine gewaltfreie und gleichberechtigte Beziehung mit einem Pferd eingehen kann. Dabei lernen Kinder bewusst das Pferd und das was es mitteilt wahrzunehmen und darauf zu antworten. Sie lernen sich selbst besser kennen und verstehen, Rücksicht zu nehmen und wirksam für sich einzustehen. Sie erleben wie es sich anfühlt, wenn ein Pferd sich aus freien Stücken anschließt und ihrem Vorschlag folgt.

Dein Kind wird aber wahrscheinlich im Urlaub, im Fernsehen oder aus Erzählungen von Schulkolleginnen auch einen anderen konventionellen Umgang mit Pferden erleben. Es wird sich vielleicht dann vergleichen und auch schon so reiten wollen wie die anderen oder Bibi und Tina. Es wird vielleicht nicht immer sofort verstehen warum es „brave funktionierende Schulpferde“ gibt, die ihre Arbeit verrichten, weil sie keine andere Wahl haben. Und warum man nicht unbedingt „besser“ ist und „mehr kann“ wenn man auf so einem Pferd reiten kann. In diesen Momenten ist es wichtig, dass auch Du den Unterschied verstehst und ihn deinem Kind erklären kannst. Es sind zwei unterschiedliche Herangehensweisen und jeder muss für sich beschließen was er will. Ich will einen Freund auf Augenhöhe und ein Zusammensein dass friedvoll und gewinnbringend für alle Beteiligten ist. Wenn Du und Dein Kind das auch so wollt dann freuen wir uns auf gemeinsame Erlebnisse.